epd Film - Juni 2017

Posted By: Pulitzer

epd Film - Juni 2017
German | 80 pages | True PDF | 41.7 MB


Liebe Leserin, lieber Leser,
gegen Verfilmungen von Literatur ist immer schon viel eingewendet worden. Zum Beispiel dass sie den Verästelungen des Romans nicht gerecht werden konnten. Dass ganze Figuren herausexpediert wurden. Oder dass innere Reflexion in, sagen wir mal, äußerliche Aktion umgewandelt wurde – weil das der Film einfach besser erzählen kann als ein Buch. Gleichzeitig dürfte aber jeder Kinogänger schon einmal die Erfahrung gemacht haben, dass es einige Verfilmungen von Literatur gibt, die ihre Vorlagen ausstechen. Wer will nach dem visuell betörenden Tod in Venedig von Luchino Visconti noch einmal die Novelle von Thomas Mann mit ihrer geschraubten, prätentiösen Sprache nachlesen? Oder nehmen Sie Alfred Hitchcock. Dem Master of Suspense war ja keine Art von Literatur zu schade. Romane, Bühnenstücke, Kurzgeschichten – die heute kaum noch einer kennt. Im bundesdeutschen Film der Nachkriegszeit waren Verfilmungen von Literatur aus dem E-Kultur-Bereich so etwas wie Rückzugsgebiete eines ambitionierteren Kinos. An Gegenwartsliteratur hat sich damals allerdings kaum jemand herangetraut. Und wenn, dann gab es Schwierigkeiten. Als Helmut Käutner den Roman »Die Rote« von Alfred Andersch verfilmte, haben die beiden sich auf der Berlinale-Pressekonferenz 1962 gestritten. Und Hauptdarstellerin Ruth Leuwerik hat geweint. Heute ist das Verhältnis von deutscher Gegenwartsliteratur und Film vielleicht harmonischer. Aber doch nicht ganz entspannt, wie Ihnen Ulrich Sonnenschein in diesem Heft zeigt.